Wie PR die Nachrichten erobert: Die Huffington Post nun auch deutsch
Ein PR-Berater kommt zur Huffington Post, um die Pressemitteilungen loszuwerden, die seriöse Tageszeitungen nicht drucken, schreibt die FAZ nach der Pressekonferenz zum Start der deutschen Huffington Post. Weiter lesen wir: „Dass viele von den Bloggern Geld von Firmen bekommen, deren Werbebotschaften sie verbreiten, ist leicht zu erahnen.
In dem Internet-Anzeigenblatt Huffington Post, in der 15 Redakteure bezahlt arbeiten, kann jeder schreiben unter der Bedingung, dass er kein Honorar bekommt. Ziel der Burda-Tochter, die in Deutschland drei Millionen investieren will, ist es, die Huffington Post zu den drei bis fünf größten Nachrichten-Portalen aufsteigen zu lassen. Wie gesagt: Nachrichten-Portal, nicht PR-Portal. Frau von der Leyen schreibt auch.
Quelle: FAZ 11.10.2013
Wenn Journalisten in die Politik gehen und Fehler machen (Zitat der Woche)
Fehler zu machen, lässt einen fast nie stürzen – nur der Umgang mit Ihnen.
Die oberste Spielregel der Schlachtrösser – so zitiert die FAZ die mächtigen Männer in der SPD Schleswig-Holsteins, die die Ex-Zeit-Redakteurin und Genossin und Kieler Oberbürgermeisterin Susanne Gaschke erst stürzen wollten und nun doch nicht. Mehr dazu in einem Blog vom 1. Oktober „Die zynischen Mechanismen öffentlicher Empörung“.
Die FAZ bemerkt zu diesem Spiel der Macht: „Es zeigt sich auf beeindruckende Weise, dass es ein großer Unterschied ist, Politik wahrzunehmen oder Politik zu machen.“ Ein unglaublicher Gedanke!
Quelle: FAZ 8.10.2013
Reich-Ranickis Abschiedssätze
Nach einem langen Abend im Rosengarten an der Ostsee, erinnert sich Doris Runge, verabschiedete sich Marcel Reich-Ranicki stets:
Es hätte ein wunderschöner Abend werden können, hättet ihr mich auch einmal zu Wort kommen lassen.
Quelle: FAZ, 20. September 2013
Die FAZ druckt einen Text, den die taz nicht drucken wollte
„Und wer kontrolliert die Zeitungen?“ Es gibt kaum eine Diskussion mit Politikern und nicht selten auch mit Leser, in der nicht diese Frage gestellt wird. Die Antwort ist einfach: Die Medien kontrollieren die Medien.
Ein gutes Beispiel lieferte die Sonntagszeitung der FAZ: Sie druckte auf der zweiten und dritten Seite einen Beitrag, den die taz-Chefredakteurin Ines Pohl nicht drucken wollte. Thema von Christian Füllers „Die große Legende“ ist die Förderung von Kindesmissbrauch und Pädophile durch die Grünen in ihren Anfangsjahren.
Die FAS kündigte den Beitrag auf der Titelseite an: „Die taz-Chefin wollte den Text nicht drucken. Genannt wurden dafür alle möglichen Gründe, auch in der Redaktionskonferenz.“ Die Gründe waren: Falsche Tatsachen, falsche Kausalketten, handwerkliche Schwächen. Der Hauptgrund war wohl der Wahlkampf und die schädliche Wirkung des Artikels auf die Grünen, die der taz nahestehen.
Füllers Artikel endet:
Der grüne Moralist ist nackt – und alle können es sehen.
Am Rande sei eine Pikanterie erwähnt: Die taz-Chefredakteurin beschwerte sich in der Redaktionskonferenz, dass der Streit öffentlich wurde. Der Autor dieses Blogs erinnert sich gut daran, wie genüsslich die taz Diskussionen anderer Redaktionen in ihrem Blatt ausbreitet – in der Regel ohne die Angegriffenen zu befragen.
FAS 15. September 2013
Kommentar von Anton Sahlender via Facebook
Da gibt es durchaus noch etwas mehr Kontrolle: Gesetze, Presserat, Leser und da und dort Ombudsleute
„Joviales Vornamen-Frotzeln mit den Grinsekollegen“
Journalisten können fies sein gegenüber Kollegen – wie „wiel“ in der FAZ, der sich „in medias res“ die Moderatoren von Tagesthemen und Heute Journal vornimmt:
Allabendlich joviales Vornamen-Frotzeln mit den Grinsekollegen, Letztes-Wort-Fetischismus beim Kommentieren von Beiträgen, die man einfach mal für sich stehen lassen könnte.
(FAZ, 7. August 2013 / „wiel“ ist in der Redakteurs- und Mitarbeiter-Liste der FAZ online nicht aufgeführt)
Wenn Möchtegern-Journalisten das Ende des Journalismus beschwören
Jahrelang ließen sich Redakteure auf die virtuelle Schlachtbank führen: Ihr seid ein Auslaufmodell! Euer Ende naht!
Wie die Zeugen Jehovas, die den Weltuntergang prophezeien (1914, 1925, 1975 oder irgendwann), kündigen die modernen Verächter die papierne Endzeit an: Das Harmagedon der Zeitungen. Aber es gibt auch ein paar Mutige, die sich den Propheten des Untergangs entgegenstellen. Sie seien in diesem Blog genannt, geehrt und zitiert – wie Michael Hanfeld in der FAZ (7. August 2013):
Im Internet beschwören Möchtegern-Journalisten unablässig das Ende der Zeitung und des Journalismus – und haben selbst kein Geschäftsmodell, was sie Verlegern stets vorhalten. An der Bedeutung des Journalismus, wie er von Zeitungen und Zeitschriften geprägt wird, hat sich nichts geändert.
Noch immer orientieren sich die Debatten in Politik, Wirtschaft, Kultur und Gesellschaft an dem, was Redaktionen zutage fördern. Journalisten sind als Stichwortgeber längst nicht mehr allein, aber im Gegensatz zu Online-Konzernen wie Google, die ihr Eigeninteresse als Allgemeinwohl ausgeben, viel ehrlichere Makler auf dem Markt der Meinungen.
Es folgt ein Satz, der den Verächtern täglich vorzulesen ist:
Es ist ein Irrsinn, dass Journalisten sich an der Verächtlichmachung ihrer Profession und ihrer gesellschaftlichen Aufgabe auch noch munter beteiligen.
Michael Hanfeld fügt an: Dabei geht es in der Krise nicht um journalistische, sondern um ökonomische Fragen.
Recherchen werden gesponsert – auch im Sport-Ressort
Die Recherchen zu diesem Text wurden teilweise unterstützt von Schweiz Tourismus.
Der Satz steht nicht unter einer Reportage im Reiseteil der FAZ, sondern im Sport-Teil unter der spannenden Reportage „Steile Welt“ zum Jubiläum der Erstbesteigung der Eiger-Nordwand (20. Juli 2013). Ist es das erste Mal, dass der Sponsor-Hinweis auf einer der klassischen Ressort-Seiten der FAZ erscheint?
Bei der Debatte zur Rettung der journalistischen Qualität streiten wir uns zu Recht über Stiftungs-Modelle, wenn sie vom Staat finanziert werden – wie in NRW vorgeschlagen; aber wir nehmen nur am Rande wahr, wie stark selbst große Zeitungs-Redaktionen gesponsert werden:
+ von Auto-Herstellern, die kostenlos Testwagen zur Verfügung stellen und zu Präsentationen an noblen Stätten einladen;
+ von Reiseveranstaltern;
+ von Verlagen, die Bücher, CD und DVD verschicken;
+ von Bundesliga-Vereinen und Konzertagenturen, die kostenlos Eintritt anbieten usw.
Dies sei keine Kritik an der Praxis des journalistischen Sponsorings, das durchaus nützliche Effekte haben kann – vorausgesetzt der Leser wird informiert (wie vorbildlich unter der FAZ-Reportage). Dies ist ein Hinweis zur Debatte um die Förderung von Recherchen und zur Sicherung der journalistischen Qualität: Was ist notwendig? nützlich? strittig? verwerflich?
Der NSA-Skandal – „Was ist der Staat anderes als eine große Hackerbande“ (Zitat der Woche)
Um Augustinus von Hippo zu paraphrasieren: Nimm die demokratische Legitimität weg – was ist der Staat dann noch anderes als eine große Hackerbande?
Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger über die eigentlichen digitalen Feinde der Demokratie, über die Idee der Vorratsdatenspeicherung, die wir Rot-Grün zu verdanken hätten, und über das Ausspähen durch amerikanische und britische Geheimdienste (FAZ, 9. Juli 2013).
Das Zitat von Augustinus, aus dem dem vierten Buch des „Gottesstaats“, lautet im Original:
„Remota itaque iustitia quid sunt regna nisi magna latrocinia? Quia et latrocinia quid sunt nisi parva regna?“, also: „Ohne das Recht in einem Staat: Was sind Staaten anderes als große Räuberbanden? Und was sind Räuberbanden anderes als Staaten im Kleinen?“
Bitte um Nachsicht:
In der ersten Fassung stand irrtümlich „NSU-Skandal“. Es geht, selbstverständlich, um den amerikanischen Nachrichtendenst NSA (National Security Agency). Wer sich so viel mit der NSU beschäftigt wie ich, der kommt leicht zu einem Freudschen Verschreiber.
Der längste Satz und die meisten Klicks
Ich freue mich, dass sich viele Journalisten um die Sprache sorgen:
– ECHO –
Meistgeklickter Link am Freitag Morgen war der bisher längste Zeitungssatz 2013. Er kommt von „FAZ“-Feuilletonisten Gerhard Stadelmaier und ist 208 Wörter lang.
journalismus-handbuch.de
Turi2, 1. Juli 2013
FAZ enthüllt neuen Beruf: Enthüllungsjournalist
Hart aber fair Zu Gast: Günter Wallraff (Enthüllungsjournalist und Buchautor)
FAZ, 1. Juli 2013, Medienseite
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