Der dritte Mann, Blogger in Israel und Recherchen auf Facebook
Wer ist ein Journalist in der digitalen Ära? Wer genießt Schutz – wenn es etwa um die Vertraulichkeit der Quellen geht?
Frage von Tehilla Shwartz Altshuler, einer jungen israelische Medien-Wissenschaftlerin, bei einer Diskussion in Jerusalem. In Israel bekommen Blogger nur einen Presseausweis, wenn sie mindestens 10.000 Besucher im Monat nachweisen können; der Ausweis ist wichtig, damit Behörden und Politiker überhaupt reagieren.
Tal Schneider, Israels prominenteste Politik-Bloggerin, kritisiert: Bloggt man über Mode oder Kochen, dann kommt man leicht über 10.000; bloggt man über Politik, wird es schon schwierig. Schneider schafft es, obwohl die Besucher für ihren Blog (auf hebräisch) zahlen müssen. Sie war für Haaretz, die fast hundert Jahre alte Zeitung, Korrespondentin in Washington und wurde kurz nach ihrer Rückkehr gefeuert. Als sie zwei Jahre lang gesucht hatte und keine gute Anstellung gefunden, fing sie an zu bloggen – mit erstaunlichem Erfolg: Wer sich in Israel für Politik interessiert oder Politiker ist, kommt an ihrem Blog nicht vorbei, sagen ihre Kollegen.
Sie erzählt einen ihrer Erfolge: Sie bekam ein Foto zugespielt, das drei Leute in einem vertraulichen Bereich des Parlaments zeigte – zwei von ihnen bekannte Politiker, einer, von dem nur der Rücken zu sehen war, blieb unbekannt.
Wer ist der dritte Mann auf dem Foto?, fragte Schneider auf Facebook und bekam fünfzig Reaktionen – darunter den Namen des Mannes, der ein verurteilter Bombenlager war. Sie recherchierte weiter und fragte die beiden anderen Politiker: Was haben sie mit dem Mann zu tun? Die Geschichte nahmen viele Zeitungen auf, sie wurde zum nationalen Thema.
„Der Blogger ist allein, er hat keinen Editor, der prüft, redigiert, kritisiert“, sagt Tal Schneider. Ihr Editor sind die Leser, ihre Prüf-Instanz ist die Gemeinschaft im Netz, the crowd. Doch ihre Leser sind noch mehr: „Jeder ist ein Reporter, der ein Smartphone hat und ein Foto machen kann.“
Quelle:
Diskussion am 27. Oktober 2013 im „Israel Democracy Institute“, zusammen mit der Adenauer-Stiftung und der Bundeszentrale für politische Bildung (anläßlich von 50 Jahre Israel-Reisen #bpb50israel)
„Wo eine gute Lokalredaktion ist, verändert sich die Politik einer Stadt“ – Interview, Deutscher Lokaljournalistenpreis
Für die Serie „Die Treuhand“, einer Geschichte über die friedliche Revolution auf dem Arbeitsmarkt, wird die Thüringer Allgemeine neben dem Hamburger Abendblatt in diesem Jahr mit dem Deutschen Lokaljournalistenpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung ausgezeichnet.
Vor der Preisverleihung am 30. September auf der Wartburg hat der Chefredakteur der Thüringer Allgemeinen, Paul-Josef Raue, im Interview mit der Online-Redaktion der KAS das Konzept hinter der Serie vorgestellt und sich über die wachsende Bedeutung des Lokalen geäußert.(Podcast auf kas.de)
Herr Raue, herzlichen Glückwunsch zum Deutschen Lokaljournalistenpreis, den Sie sich mit dem Hamburger Abendblatt teilen. Sie erhalten den Preis für die Serie „Treuhand in Thüringen“, die vorbildlich zeigt, wie ein brisantes politisches Thema lokal und regional umgesetzt und damit eine lebendige Debatte entfacht wird. In einem Leserbrief an die Thüringer Allgemeine heißt es: „Die Serie ‚Treuhand in Thüringen’ ist sehr interessant, bringt sie doch zum Ausdruck, was in der Zeit des Umbruches so gelaufen ist oder auch nicht’.“ Bitte schildern Sie uns, welches Konzept hinter der Serie steckt.
Raue: „Die Treuhand“ ist im Grunde die Geschichte der friedlichen Revolution auf dem Arbeitsmarkt. Da die DDR-Wirtschaft völlig zusammengebrochen ist, waren mit einem Schlag Millionen von Menschen arbeitslos. Man musste also zusehen, dass man die Unternehmen aus der Planwirtschaft in die Marktwirtschaft bekommt, den Menschen möglichst viele Arbeitsplätze anbietet und viele Firmen in die neue Zeit hinein retten kann.
Wenn man allein das schon sieht, ahnt man, wie viele Millionen menschliche Schicksale sich dahinter verbergen. Es gab kein historisches Vorbild. Es gab eine friedliche Revolution, dann ist ein System zusammengebrochen und es musste ein neues Wirtschaftssystem etabliert werden – das hat vorher keiner geschafft und es war vorher auch noch keiner in dieser Lage.
Diese Zeit hat sehr viel Elend über die Menschen gebracht, aber auf der anderen Seite ist eine Wirtschaft entstanden, die sich mittlerweile mit den meisten Volkswirtschaften in Europa messen kann. Thüringen ist das wirtschaftlich stärkste der fünf neuen Bundesländer.
Aber die drei, vier Jahre nach der Wende sind seltsamerweise aus dem Bewusstsein der Menschen ausgeklammert. Man kann sogar sagen, es ist ein Tabu geworden. Die am lautesten ihre Kritik äußern, sagen, alles was schlecht an der Wiedervereinigung war, ist Treuhand. Auf politischer Ebene wird dies von den Linken als Beweis dafür genommen, dass der Westen den Osten bis heute nicht ernst nehmen würde.
Zwischen diesen beiden Positionen schwanken die Meinungen. Die Menschen sehen diese Zeit rückblickend als nicht besonders positiv. Wir wollten das Thema aus der Tabu-Zone holen und haben nachgeforscht – was bisher keiner getan hat – wir wollten wissen, was wirklich in der Zeit passiert ist.
Welche Abläufe gab es? Stimmen die Vorurteile? Müssen wir die Vorurteile revidieren? Wer hat was getan? Wir haben gemerkt, dass wir dazu mit den Menschen reden und in die Archive gehen müssen. Und schlussendlich auch aufschreiben müssen. Das hat uns etwa anderthalb Jahre gekostet.
Daraus ist eine 60-teilige Serie entstanden, die weitergeführt wird und ein Buch, dass sich auch im Westen sehr gut verkauft. Hinzu kommt noch der Preis, über den wir uns sehr gefreut haben.
Der Deutsche Lokaljournalistenpreis gilt als einer der renommiertesten Preise seiner Branche. Kulturstaatsminister Bernd Neumann hat einmal gesagt, der Preis sei einer der bedeutendsten Auszeichnung für Regionalzeitungen im deutschsprachigen Raum. Den Preis erhält man nicht einfach so, sondern man muss sich bewerben und vor einer fachkundigen Jury um Dieter Golombek bestehen. Was war für Sie initiativ, um sich für den Preis zu bewerben?
Es ist das dritte Jahr, in dem wir uns mit einer historischen Serie beworben haben. „Treuhand“ ist Teil einer Trilogie. Wir wollten die Zeit der Revolution und der davor aufarbeiten und für die Menschen lebendig machen. Wichtig ist dabei, sie nicht Historikern zu überlassen, sondern Menschen zu Wort kommen zu lassen.
Der erste Teil hieß „Meine Wende“ und hatte auch einen Spezialpreis beim Lokaljournalistenpreis vor zwei Jahren erhalten. Darin haben Menschen geschildert, wie sie seelisch die Wende – wobei ich das Wort nicht mag – diesen Umschwung mitbekommen haben. Es war nicht die Frage, wann ich in Eschwege das erste Mal einkaufen war, sondern was ist mit mir seelisch passiert. Ein höchst bewegendes und auch widersprüchliches Buch.
Der zweite Teil der Trilogie war die Grenzwanderung. Wir sind den größten Teil der alten Grenze von Thüringen abgewandert. Meter für Meter sind wir wochenlang gelaufen und haben geschildert, wie es den Menschen heute und zur Zeit der Wende ging und natürlich auch das geschildert, was vorher passiert ist. Wir haben die Geschichte der Grenze beschrieben, worüber kurioserweise zuvor keiner geschrieben hatte.
Der dritte Teil behandelt das Tabuthema Wirtschaft. In der Serie wird die friedliche Revolution noch einmal in der Erfahrung der Menschen gespiegelt, die ihre Arbeit verloren oder wiedergewonnen haben. Was man in dem Zusammenhang nicht vergessen darf, ist, dass sehr viele sich selbständig gemacht haben. Thüringen ist ein Musterbeispiel für mittelständische Industrie und sogar Weltmarktführer in einigen Nischenprodukten.
In der Serie haben wir die Frage gestellt: Wie ist das entstanden und was hat es mit den Menschen gemacht? Weil wir die Trilogie damit abgeschlossen haben, haben wir uns damit beworben und auf einen der kleineren Preise gehofft. Wir haben nicht damit gerechnet, dass wir den ersten Platz beim Deutschen Lokaljournalistenpreis erhalten.
Was bedeutet Ihnen persönlich diese Auszeichnung und was bedeutet Ihrer Redaktion dieser Preis?
Ich habe nicht zum ersten Mal diesen Preis gewonnen, aber es war der, über den ich mich am meisten gefreut habe. Es war auch der, der am schwersten erarbeitet worden ist. Als ich nach Erfurt kam, folgte ich einem Chefredakteur, der fast 20 Jahre die Redaktion geleitet hat. Hinzu kam, dass ich der erste Westdeutsche in leitender Position war. Da hat die Redaktion auch mit sich und dem Chefredakteur gerungen und es gab Auseinandersetzungen, die zum Teil auch öffentlich waren.
Ich will es so sagen: Es hat der Redaktion gut getan, denn sie hat gemerkt, dass diese Kämpfe nicht nur innere oder Abwehrkämpfe waren, sondern die Redaktion hat auch gezeigt, welche Kraft in ihr steckt – was sie an Recherche schafft, an journalistischer Potenz und Professionalität besitzt. Dieser Preis ist für die Redaktion enorm wichtig.
Wir merken gerade jetzt, dass wir im Vergleich zu anderen Lokalzeitungen die intensivste und durchdachteste Berichterstattung vom NSU-Prozess haben. Wir sind jeden Tag mit mindestens einem Redakteur im Gerichtssaal dabei und sehr stark online. Dieser Preis unterstreicht die Professionalität der Redaktion und er hat Kräfte freigesetzt, die die Thüringer Allgemeine zu einer der großen Zeitungen machen wird.
In Zeiten von Globalisierung und weltweiter Mobilität erlebt Heimatverbundenheit eine Renaissance. Die Lokalzeitungen stellen sich mit unterschiedlichem Erfolg auf das Bedürfnis nach noch mehr Berichterstattung über lokale Ereignisse ein. Ist diese Entwicklung eine Gegenreaktion auf die Vielfalt und Unübersichtlichkeit einer globalisierten Welt?
So wird es immer dargestellt. Man muss sich mal die Geschichte dieses Preises anschauen. Vor gut 30 Jahren hat man angefangen dem Lokaljournalismus die Bedeutung in Deutschland zu geben, die er verdient. Damals wusste man noch gar nicht, dass irgendwann das Internet kommt. Lokaljournalismus ist für eine Demokratie extrem wichtig, weil so die Menschen verstehen, wie ein Gemeinwesen tickt, wie es funktioniert – und dass man sich engagieren kann. Dafür braucht es aber einen funktionierenden Journalismus und eine Zeitungslandschaft.
Damals war es der Sprecher der Jury, Dieter Golombek, der das Lokaljournalistenprogramm aufgesetzt hat. Ich glaube, in den vier Jahrzehnten hat sich der Lokaljournalismus von einer Honoratioren-Berichterstattung hin zu einer wirklich ernstzunehmenden Professionalität entwickelt.
Wenn Sie sich die Entwicklung des Preises anschauen, sehen Sie das ziemlich gut. Ich denke, dass die Entwicklung unserer Demokratie sehr viel damit zu tun hat, und der Lokaljournalismus sehr viel stärker geworden ist. Er ist kritischer in den Städten geworden.
Ich bin davon überzeugt, wo eine gute Lokalredaktion ist, verändert sich auch eine Politik in einer Stadt. Wenn ich einiges nicht mehr in meinem Hinterstübchen machen kann und damit rechnen muss, dass die Öffentlichkeit davon erfährt, mache ich eine andere Politik. Erstmal hat das mit dem Internet relativ wenig zutun.
Aber es hat damit zutun, dass Menschen sich für ihre Nachbarschaft und ihre unmittelbare Umgebung interessieren, denn da können sie etwas bewirken.
In Brüssel oder in New York bei der Uno etwas zu bewirken – da muss man schon sehr euphorisch sein. Aber in seiner eigenen Stadt oder Dorf etwas zu bewegen, dafür muss man nicht euphorisch sein, das kann man lernen und dazu braucht es die Lokalzeitungen, um seine Chancen zu erkennen.
Dieter Golombek sagte einmal in einem Interview mit der Thüringer Allgemeinen: „Es reicht für die Zeitungen nicht mehr aus, die Leser mit Neuigkeiten zu versorgen.“ Wie sieht für Sie die Zukunft des Lokaljournalismus’ aus?
Das ist richtig. Aktualität spielt allerdings auch noch im Lokalen eine Rolle. Man sollte das nicht unterschätzen. Die Zeitungen haben das Privileg des aktuellsten Mediums endgültig an das Internet und Fernsehen abgegeben. In der Stadt ist es noch ein bisschen anders. Zumal es auch Zeitungen sind, die das Neue erst herausbekommen und recherchieren müssen. Sie glauben gar nicht, was hinter alten Rathausmauern alles passiert und was alles keiner mitbekommen soll. Das ist das eine.
Das zweite ist, den Menschen zu erklären, was dort passiert. Nehmen Sie die Serie „Treuhand“. Es muss jemand Zeit, Geduld und das Können besitzen, um in 30.000 Dokumenten zu suchen und zu schauen, was damals passiert ist. Einen Großteil dieser Dokumente sollten wir eigentlich gar nicht erhalten. Die liegen noch irgendwo verschlossen. Darum geht es: Du musst den Menschen das Fundament des Gemeinwesens zeigen, in dem wir leben und das unsere Heimat ist.
Dies ist die Hauptaufgabe von Lokalzeitungen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten. Ob dies auf Papier oder im Internet geschieht, wird sich zeigen. Ich denke aber, dass das Papier im Lokalen noch sehr wichtig sein wird. Weil, wenn man länger und intensiver lesen möchte, ist das Papier das bessere Trägermedium.
Immer wieder wird den Zeitungen insgesamt vorgeworfen, nicht genügend neue Ideen für kreative Geschäftsmodelle zu haben. Stimmt das? Wenn ja: Was sind die Gründe? Gibt es Geschäftsmodelle mit denen der Lokaljournalismus überleben kann? Zum Beispiel aktuell das Leistungsschutzrecht für Presseverlage?
Ich denke, das Leistungsschutzrecht zeigt den Weg an, in den das Ganze gehen muss. Das wir unsere Inhalte verschenken, ist unsinnig, denn jemand muss unseren Journalismus bezahlen. Guter Journalismus ist sehr teuer. Das funktioniert im Augenblick noch, indem quer subventionieren. Aber die Diskussion scheint mir beendet zu sein. Wir wissen, dass wir unsere Inhalte im Print- und Onlinebereich verkaufen müssen.
Die entscheidende Frage, die nun kommen wird, ist: Sind es dieselben Formate, mit denen wir Zeitungsleser und Onlineleser gewinnen können? Dazu kann ich ein Beispiel aus der vergangenen Woche geben. In Erfurt gibt es ein großes Festival namens „Domstufenfestspiele“. Wir haben zum ersten Mal einen Liveticker von einer Opernpremiere gemacht. Das war eine Mischung aus Erlebnisschilderungen, Bildern und Videos. Die Menschen vor Ort haben sich dazu eingeschaltet, und es gab einen Dialog mit den Lesern. Das sind Formate, mit denen wir experimentieren müssen.
Was sich dann schlussendlich in Geld verwandeln lässt, wird sich zeigen. Der Lokaljournalismus war in den vergangenen Jahren sehr innovativ, und wir werden auch in der Onlinewelt viel Neues entdecken. Die Treuhand-Serie ist mittlerweile ein großes Archiv, in dem viele Firmen zu finden sind. Die Serie werden wir sicherlich irgendwann bezahlbar machen.
Nehmen wir ein anderes Beispiel. Wir haben den Preis zusammen mit dem Hamburger Abendblatt gewonnen. Die Kollegen haben den Preis für die Vermessung Hamburgs bekommen. Auch wir haben zurzeit eine Serie laufen, die heißt „Thüringen vermessen“, aber sie unterscheidet sich ein wenig von den Hamburgern.
Sie werden sämtliche Orte Thüringens dort wiederfinden. Das wird natürlich ein Angebot für jemanden, der nach Thüringen zieht oder geschäftliche Beziehungen knüpfen will, sein. Er kann es dann nutzen und bezahlt dafür.
Am 30. September erhalten Sie in einem Festakt die Urkunde für den Deutschen Lokaljournalistenpreis. Wissen Sie schon, wo die Urkunde einen festen Platz bekommen wird?
Die Redaktion ist in einem Loft mit Blick auf den Thüringer Wald untergebracht, dort haben wir eine große Wand. An dieser wird sie dann als dritte Auszeichnung der Konrad-Adenauer-Stiftung aufgehängt. Doch der diesjährige Preis ist uns der liebste, weil er der erste Preis ist. Darauf sind wir sehr stolz.
Ist man zum Lokalreporter geboren? (Dieter-Golombek-Interview, Teil 2)
Herr Golombek, Sie engagieren sich seit über 40 Jahren für den Lokaljournalismus – was fasziniert Sie bis heute daran?
Als ich in den Siebzigerjahren das Lokaljournalistenprogramm der Bundeszentrale für politische Bildung auf den Weg brachte, waren Lokaljournalisten in den Redaktionen von Tageszeitungen nicht gut angesehen, die Kollegen aus den anderen Ressorts blickten auf sie herab. Diese Geringschätzung stand in keinem Verhältnis zu ihrer tatsächlichen Bedeutung. Heute schauen Verleger und Chefredakteure zu ihnen auf, weil die Qualität ihrer Arbeit über die Zukunft der Tageszeitung entscheidet
Ist man zum Lokalreporter geboren oder eben nicht?
Ich erweitere die Frage: Ist Journalismus ein Begabungsberuf? Ja und Nein. Ohne Talent werde ich es nicht schaffen, gute Reportagen oder Glossen zu schreiben. Wenn ich nur auf Begabung vertraue, kann ich meine Talente nicht entwickeln, sie verkümmern. Wer Journalist wird aus Leidenschaft, weil er gut und gern beobachtet, neugierig ist, Menschen mag und gern Geschichten erzählt, der ist im Lokalen gut aufgehoben. Dort kann er noch Reporter sein, in den anderen Ressorts der Zeitung geht es mehr um die Verarbeitung von Nachrichten.
Der Begriff der Nähe ist gefallen – Lokaljournalisten trinken auch mal mit dem Bürgermeister oder Polizeichef ein Bier. Bei anderer Gelegenheit müssten sie die dann aber möglicherweise wieder kritisieren. Wie bringen sie das auf einen Nenner?
Der Lokalredakteur muss Nachrichten trotz Nachbarschaft herstellen. Er darf nichts unter den Teppich kehren. Er muss Dinge, die nicht gut laufen, genauso öffentlich machen wie er Erfolge zu berichten hat. Das kann ein hartes Brot sein – wenn etwa der Sohn des Bürgermeisters und der eigene Sohn die gleiche Klasse besuchen. Für einen nicht so freundlichen Kommentar braucht der Lokaljournalist jedenfalls mehr Mut als der politische Korrespondent für eine Kritik an Angela Merkel, die die Bundeskanzlerin vermutlich nicht einmal lesen wird.
Im Journalismus gibt es einen Trend zum Leserredaktionen, Leser-Reportern oder Leser-Fotografen – schaffen sich Journalisten damit selbst ab?
Nicht, wenn sie es vernünftig einsetzen. Wenn sie Bündnisse mit dem Leser eingehen und die Leistungen des Lesers da abrufen, wo er Einzigartiges bieten kann. Leser, die ebenfalls mit wachen Augen durch das Leben gehen, können Themen sehen, die ein Lokalredakteur nicht sieht. Zeitungen tun gut daran, sich dieses Leserwissen zugänglich zu machen, sie als Partner einzubinden. Leser-Reporter halte ich allerdings für eine Überforderung. Dieser Idee fehlt es an Respekt vor der journalistischen Professionalität. Schreiben, Recherchieren, Zusammenhänge herstellen, Texten die richtige Länge zu verpassen und noch einiges mehr, das ist schon eine eigene Kunst
Vor allem junge Leser finden es mitunter interessanter, was der Freundeskreis bei Facebook postet. Diese „Bürgernähe“ können Zeitungen kaum bieten – wozu raten Sie?
Die Redaktionen müssen überlegen, wie sie diese Nachrichtenflüsse auch für ihre eigenen Belange ausnutzen und wie sie sich in diese Debatten einklinken können. Nachrichtenfetzen können ja unterhaltsam sein, die so genannte Shitstorms machen die Welt nicht lebenswerter. Was wir weiterhin brauchen werden, sind Journalisten, die Zusammenhänge erklären und die uns helfen, sich in dieser ebenso aufregenden wie komplizierten Welt zurechtzufinden.
Thüringer Allgemeine, 28. September 2013 (in der Beilage zum Deutschen-Lokaljournalistenpreis)
Die FAZ druckt einen Text, den die taz nicht drucken wollte
„Und wer kontrolliert die Zeitungen?“ Es gibt kaum eine Diskussion mit Politikern und nicht selten auch mit Leser, in der nicht diese Frage gestellt wird. Die Antwort ist einfach: Die Medien kontrollieren die Medien.
Ein gutes Beispiel lieferte die Sonntagszeitung der FAZ: Sie druckte auf der zweiten und dritten Seite einen Beitrag, den die taz-Chefredakteurin Ines Pohl nicht drucken wollte. Thema von Christian Füllers „Die große Legende“ ist die Förderung von Kindesmissbrauch und Pädophile durch die Grünen in ihren Anfangsjahren.
Die FAS kündigte den Beitrag auf der Titelseite an: „Die taz-Chefin wollte den Text nicht drucken. Genannt wurden dafür alle möglichen Gründe, auch in der Redaktionskonferenz.“ Die Gründe waren: Falsche Tatsachen, falsche Kausalketten, handwerkliche Schwächen. Der Hauptgrund war wohl der Wahlkampf und die schädliche Wirkung des Artikels auf die Grünen, die der taz nahestehen.
Füllers Artikel endet:
Der grüne Moralist ist nackt – und alle können es sehen.
Am Rande sei eine Pikanterie erwähnt: Die taz-Chefredakteurin beschwerte sich in der Redaktionskonferenz, dass der Streit öffentlich wurde. Der Autor dieses Blogs erinnert sich gut daran, wie genüsslich die taz Diskussionen anderer Redaktionen in ihrem Blatt ausbreitet – in der Regel ohne die Angegriffenen zu befragen.
FAS 15. September 2013
Kommentar von Anton Sahlender via Facebook
Da gibt es durchaus noch etwas mehr Kontrolle: Gesetze, Presserat, Leser und da und dort Ombudsleute
Wie Christian Nienhaus einen guten Chefredakteur definiert: Klar, direkt, oft ruppig – aber immer nah bei den Menschen
Wie muss ein guter Chefredakteur sein? Christian Nienhaus, Geschäftsführer der Funke-Mediengruppe, definiert ihn so:
Ein guter Chefredakteur
> hat einen Hang zur Kompromisslosigkeit, gerade auch bei der Wahrheitssuche, und zur Unnachgiebigkeit;
> ist ein führendes Mitglied des „Clubs der offenen Aussprache“: Klar, direkt, sicherlich oft auch ruppig. Aber zielgerichtet und letztlich auch fair;
> hat kein Interesse an Hierarchien: Viel wichtiger ist für ihn das „Machen“, das Gestalten und Bewegen;
> ist ein politischer Journalist: Nicht nur Realität abbilden, sondern auch Realität mitgestalten! Nicht nur berichten über Regierungen und Parteien, über Wirtschaft und Gesellschaft – nein, Entscheidungen und Entwicklungen mitprägen, mitgestalten;
> macht Meinung und mischt sich in den „Meinungskampf“ ein;
> weiß sehr genau um seine Meinungsmacht als Publizist;
> kümmert sich nicht um die Parteien-Zugehörigkeit: Entscheidend ist ausschließlich die Frage, ob der Politiker im Sinne der Kommune oder des Landes gute Politik macht;
> bringt Aktionen auf den Weg ;
> macht seine Zeitung zum selbstbewusstesten, ja wichtigsten Sprachrohr der freiheitlich-demokratischen Grundordnung;
> ist nah bei den Menschen, den wirklichen, nicht den postulierten: Das ist ein wichtiger Faktor für erfolgreichen Lokal- und Regionaljournalismus;
> ist ein Lokalpatriot, er identifiziert sich mit seiner Region;
> entwickelt seine Zeitung weiter;
> gibt dem Regionaljournalismus eine Zukunft, wenn er sich einmischt im Sinne des regionalen Gemeinwohls.
Diese Tugenden eines Chefredakteurs zählte Christian Nienhaus auf in seiner Festrede auf Hans Hoffmeister, den scheidenden Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, den er als Vorbild pries.
Nienhaus vergass aber nicht zwei Zusätze; der erste:
„Das sind Eigenschaften, die vielleicht das tägliche Miteinander nicht unbedingt einfach und bequem machen. Es sind aber Eigenschaften, die einen guten Journalisten auszeichnen.“
Der zweite: „Es muss nicht immer alles so kantig und eckig sein, vielleicht auch nicht immer so polarisierend.“
Doch gehöre es zum verlegerischen Verständnis der Mediengruppe: „Der Chefredakteur ist frei in der Gestaltung der Inhalte und kann sich unabhängig von Interessengruppen um journalistische Qualität kümmern.
Am Ende ist nur entscheidend, ob es den Lesern gefalle. „Denn auch hier gilt das Credo erfolgreicher Verleger: Wenn man predigen will, muss man dafür sorgen, dass die Kirche voll ist.“
Ich bin eines Ihrer Opfer! – Wie Weimars Oberbürgermeister einen Chefredakteur verabschiedet
Beim Abschied keine tadelnden, gar bösen Worte? Weimars Oberbürgermeister begann seine Rede für den scheidenden TLZ-Chefredakteur Hans Hoffmeister so:
Fast ganz Thüringen ist hier heute zu Ihrem Abschied versammelt – ich vermisse nur eine Gruppe: Ihre Opfer – deshalb fühle ich mich hier heute auch ein wenig einsam.
Stefan Wolf, SPD, wurde 2006 zum Oberbürgermeister Weimar gewählt und 2012 in einer Stichwahl wiedergewählt; Hans Hoffmeister war 22 Jahre Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, in Wolfs Worten „leidenschaftlich, cholerisch, erzählfreudig“ und oft Wolfs härtester Kritiker.
Der Oberbürgermeister lobte und tadelte in seiner Rede. Er lobte das gemeinsame leidenschaftliche Engagement gegen den Rechtsextremismus und manche Unterstützung etwa bei der Öffnung der Kulturstadt für die klassische Moderne, für das Bauhaus und die Weimarer Republik.
Der Oberbürgermeister erinnert an die „Theaterkämpfe“ – was für ein Wort! – und vor allem an den vierten:
Manche dieser Kämpfe schienen mir damals und scheinen mir auch heute noch in ihrer Vehemenz überzogen gewesen zu sein. In Ihrem vierten Theaterkampf stand ja nicht zuletzt ich in Ihrem Visier. Das waren Medien-Erfahrungen, die ich auch meinen politischen Gegnern nicht unbedingt wünsche. Vor allem aber hätte ich sie meinen Mitarbeitern damals gern erspart.
Mussten diese Verletzungen sein? Erst kürzlich hat das Bundesverfassungsgericht bestätigt: Ja, das muss so sein. Politiker, Verwaltungsmitarbeiter stehen als Inhaber der staatlichen Machtfülle in der Pflicht, sich ein dickes Fell anzulegen und auch unfaire öffentliche Kritik, persönliche Verletzungen zu ertragen.
Dann widmet sich der Oberbürgermeister den journalistischen Regeln:
Kampagnenjournalismus, lieber Hans Hoffmeister, ist nicht jedermanns Sache, denn er kann auch (sehr faustisch) Gutes wollen und Böses bewirken. Eine Zeitung soll und muss eine Meinung haben, deshalb gibt’s neben dem Bericht z.B. den Leitartikel (ein leider verschwindender Klassiker des Journalismus) oder den Kommentar.
Hans Hoffmeisters Schreibe kennt aber auch seine Mischformen ganz gut und weiß, wie man sie richtig platziert. Erst letztes Wochenende haben Sie noch einmal gezeigt, dass Sie – wenn’s um eine pointierte Meinungsäußerung geht – weder Freunde noch Verwandte kennen, von Bekannten, Politikern oder Kulturschaffenden ganz zu schweigen.
Dieses Kampfblatt TLZ wurde geliebt und geschmäht, und es war und ist ohne die Instanz des Chefredakteurs Hans Hoffmeister nicht wirklich vorstellbar…
Sie haben stets (oder doch fast immer?) geglaubt, was Sie geschrieben haben. Das hat nicht jedem gefallen, doch wenn es Gegenwind gab, z.B. aus der Politik, war Ihnen das – ich zitiere: „scheißegal“, wenn nicht gar das Salz in der Suppe. Das ehrt Sie außerordentlich! Sie haben kämpferisch, emotional, mit Herzblut geschrieben. Manchmal skurril, immer engagiert. Sie haben es sich und uns nicht einfach gemacht.
Wer hat das längste Wort im Wahlprogramm? Mehr als 42 Buchstaben? (Friedhof der Wörter)
Findet jemand ein längeres Wort in den Wahlprogrammen? Die Grünen setzen ihren Lesern das „Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz“ mit 42 Zeichen vor – ein schwer zu brechender Rekord in einem Rekord-Programm, das doppelt so dick wie bei den anderen Parteien, aber nicht mehr so gut geschrieben wie vor vier Jahren.
Dabei beschweren sich Politiker im Wahlkampf gern über die Medien: Ihr macht den Bürgern nicht klar, was wir wollen! Aber gelänge das besser mit Wortungetümen, die offenbar die Parteien schätzen?
Schauen wir in die Wahlprogramme der Parteien: Sind die Politiker verständlicher? Klarer? Nein, sagen die Verständlichkeits-Forscher der Universität Hohenheim, die sich durch Hunderte von Seiten gelesen haben.
Schauen wir auf die langen Wörter: Je kürzer ein Wort, desto einprägsamer und verständlicher ist es. Lange Wörter müssen, vor allem beim schnellen Lesen, mühsam auseinander genommen werden; oft resigniert ein Leser und verlässt den Text – zum Schaden der Politiker, die mit ihren Botschaften nicht an den Wähler kommen.
Die Grünen scheinen unschlagbar. Wie bemühen sich die anderen Parteien um den Buchstaben-Rekord?
>Die Linke kommt auf 26 Buchstaben:
Hochwasserrückhalteflächen
> Die SPD kommt auf 32 Zeichen, wobei man schon streiten kann, ob gekuppelte Wörter nicht einzeln zu zählen sind:
Patchwork- oder Regenbogenfamilien
>Die CDU hält ihren Rekord mit 34 Zeichen
Öffentlich-Private-Partnerschaften
>Die Piraten legen das am schwersten verständliche Programm vor und kommen beim Wort-Rekord auf 37 Zeichen:
EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie
>Die FDP ist zwar schmächtig im Wahlergebnis, aber rekordverdächtig mit einem 38-Buchstaben-Wort:
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz
Der Wort-Rekord im aktuellen Duden liegt gerade mal bei 37 Zeichen: „Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung“ gefolgt von der „Donau-Dampfschifffahrtsgesellschaft“ mit 35 Zeichen. Da haben FDP und Grüne ja große Chancen, zumindest den Sprung in den Duden zu schaffen.
Thüringer Allgemeine 2. September 2013
Manfred Günther per Faceb ook:
Ein weiteres Beispiel: Für wen oder was werden eigentlich Wahlprogramme gemacht?
Für Wähler und als Entscheidungshilfen anscheinend nicht!
An dieser Stelle ein Rat von Ernst Ferstl – Jahrgang 1955, Lehrer, Dichter und Aphoristiker – an die Schreiberlinge solcher Programme: „Wer weiß, welche Rolle er im Leben anderer spielt, braucht ihnen nichts mehr vorzuspielen.“
Der erste Band der „Bibliothek des Journalismus“: Hans Hoffmeister – Harmonie ist mir suspekt
Er ist ein Getriebener, ein Schwarz-Weiß-Seher, ein Himmelhochjauchzendundzutodebetrübter, atemlos mit dem geschriebenen wie dem gesprochenen Wort.
So schreibt Thüringens Wirtschaftsminister Matthias Machnig über Hans Hoffmeister, 22 Jahre Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung; er wurde, der am Freitag in den Ruhestand verabschiedet wurde (30. August 2013). Machnig war einer der 250 Gäste, die zum Abschied in den Weimarer „Elephant“ gekommen waren. Machnig, auch ein Politiker starker Worte. schreibt weiter:
Das feine Florett war nicht Hoffmeisters Waffe, eher die schwere Nagelkeule.
Machnigs Einschätzung ist zu lesen in einem Interview-Buch, das Paul-Josef Raue, Autor dieses Blogs, über Hans Hoffmeister verfasst hat; es ist der erste Band der neu gegründeten „Bibliothek des Journalismus“, die im Klartext-Verlag erscheint mit Raue als Herausgeber:
Paul-Josef Raue: Hans Hoffmeister – Harmonie ist mir suspekt. Klartext-Verlag, 163 Seiten, 13,95 Euro
„Wir haben nicht über die Wende berichtet. Wir haben sie gemacht“, sagt Hans Hoffmeister in dem fünfstündigem Interview, in dem der scheidende Chefredakteur ausführlich seinen Anfang in Thüringen direkt nach der Wende erzählt. Die Kapitel-Überschriften führen durch das Buch wie durch das Hoffmeistersche Leben. In der ersten Hälfte sind die Wende und die folgenden Jahre das Thema:
> „Eine Affekthandlung“ – Hoffmeisters Aufbruch in den Osten
> „So war der wilde Osten“ – Der Start der „Tagespost“ in Eisenach
> „Wie sollten sie denn plötzlich Demokraten sein?“ – Die ersten Tage in der Weimarer Redaktion
> „Nicht nur nicken, auch handeln“ – Die ersten Jahre der TLZ
> „Harmonie ist mir suspekt“ – Wie es dem Westdeutschen im Osten erging.
Im zweiten Teil erzählt Hans Hoffmeister aus seinem Leben und von seinen Anfängen als Journalist im Westen: „Es wurde unfassbar viel gesoffen“. Immer wieder räsonieren die beiden Chefredakteure auch über den Journalismus, seine Werte und Regeln.
Zwei Auffassungen von Journalismus prallen in dem Interview aufeinander:
> Hoffmeister bekennt sich zur Einmischung der Redaktion in die Politik, er nimmt Partei, ist gegen die Trennung von Nachricht und Meinung und begründet dies so: „Ich will nicht, dass dieses Land, mein Land, Schaden nimmt“.
> Paul-Josef Raue, Chefredakteur der konkurrierenden Thüringer Allgemeine (TA), plädiert dagegen für eine Distanz, die dem Leser die Freiheit lässt, selber ein Urteil zu bilden, und zitiert den TV-Moderator Friedrich: „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten.“
Im Anhang antworten 21 Prominente auf die Frage „Hatten Sie Angst vor Hans Hoffmeister:
Erfurts MDR-Funkhaus-Chef Werner Dieste:
Viel spannender ist die Frage: Hat Hans Hoffmeister in den vielen Jahren in der Weimarer Marienstraße manchmal Angst gehabt – gar vor sich selbst?
TA-Redakteur Henryk Goldberg:
Ich habe ein wenig Angst vor einer Fähigkeit, die Hans Hoffmeister auszeichnet, und die mir seit 1990 abhandenkam: Sich so ganz, so rückhaltlos einer Sache hinzugeben.“
Thüringens Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht: „Wir sind stolz darauf, dass er Bürger unseres Landes ist.
Ex-Jenoptik-Chef Lothar Späth:
Parlaments- und Regierungsvertreter hatten bei ihm kaum eine Chance, ihre Sicht der Dinge vorzutragen. Am liebsten hätte er das Ganze selbst übernommen.
Thüringens Vize-Ministerpräsident Christoph Matschie über Hoffmeisters Samstagkommentar, das „Schlüsselloch“:
Im Schlüsselloch ließ Hans Hoffmeister nicht selten das Fallbeil auf Politiker nieder. Mich traf es auch, aber ich lebe noch.
Wer kontrolliert die Lokalpolitiker?
Was passiert, wenn nicht mehr Lokalredakteure die Kommunalpolitik kontrollieren und ihre Leser informieren? Dann müssen Politiker das selber tun – wie in Italien.
In einer Rezension des Buchs „5 Sterne“, verfasst vom Komiker Beppe Grillo und anderen, wird Beppos Partner Gianroberto Casaleggio zitiert:
„Uns interessiert nicht die Macht.“ Man wolle nur in jedem Kommunalparlament vertreten sein, um Kontrolle auszuüben und die Bürger zu informieren.
Und was passiert, wenn keiner mehr kontrolliert und informiert?
Quelle: Süddeutsche Zeitung vom 9.Juli – Henning Klüver über das Buch von Beppo Grillo, Gianroberto Casaleggio und Dario Fo „5 Sterne. Über Demokratie, Italien und die Zukunft Europas“.
In dem Buch spielen Grillo & Co durch, wie wir von einer repräsentativen zu einer direkten, „digitalen“ Demokratie mutieren können: „In einer direkten Demokratie brauchen wir keine Parteien mehr.“ Dann wird die Utopie wirklich: „Alle Staatsbürger sind Politiker, und alle Politiker sind Staatsbürger.“
Grillos Bewegung ist – ähnlich wie die „Piraten“ in Deutschland – schnell wieder in der Versenkung verschwunden.
Facebook-Kommentar von Manfred Günther:
Auch wenn’s den Politikern mitunter weh tut, für Journalisten muss noch immer gelten:
„Durch ein Unterlassen kann man genauso schuldig werden wie durch Handeln.“
Konrad Adenauer
Kubicki: Am besten wäre ein Prozess in den USA – nicht nur für Snowden
Was wäre, wenn Snowden vor ein amerikanisches Gericht gestellt würde? fragt Wolfgang Kubicki. Dann müsste sich die amerikanische Gesellschaft intensiv damit beschäftigen: Was darf der Staat überhaupt? Wie tief darf er in das Private der Menschen eindringen, um die Sicherheit der Bürger zu garantieren? Welche Rolle spielen die Medien in der Aufklärung solcher Staats-Affären?
Es ist Unsinn, Snowden in Deutschland politisches Asyl zu geben. Die USA sind ein Rechtsstaat mit strengen Regeln, die man auch einklagen kann. Statt politisches Asyl in Deutschland zu fordern, wäre es sinnvoller, wir in Deutschland ein paar Millionen zu sammeln, Snowden die besten Anwälte zu besorgen und ihm ein gutes Verfahren in den USA zu ermöglichen.
Das sagte Wolfgang Kubicki am Rande eines TA-Gesprächs mit jungen Wähler in Nordhausen. Kubicki kandidiert für den Bundestag, ist FDP-Chef in Schleswig-Holstein und Mitglied des Präsidiums der Bundes-FDP.
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