Ausgewogenheit oder Das Ende des politischen Journalismus

Geschrieben am 31. August 2018 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 31. August 2018 von Paul-Josef Raue in B. Die Journalisten, F 20 Waschzettel und Verlautbarungen, G 26 Interview, M. Presserecht und Ethik, Recherche.

Georg Restle ist Moderator der ARD-Sendung „Monitor“: „Wir müssen nicht jeden Mist abbilden.“ Foto: NDR

Minister X. ruft die Hauptstadt-Redaktion Y. an, die viele Zeitungen beliefert:

„Ich habe eine Nachricht für sie, mit der Sie in die Tagesschau kommen.“ –

„Worum geht es?“ –

„Was mit Rente, mehr kann ich noch nicht sagen.“

„Okay, wann? Wir kommen, wie gewohnt, mit drei, vier Leuten zum Interview. Bereiten Sie bitte schon mal eine Kurzfassung der Nachricht vor.“

In der Tat: Die Nachricht erscheint in der Tagesschau – „nach Informationen von Y. will Minister X. die Rente…“ Der Minister freut sich, die Redakteure freuen sich, die Verleger und Gesellschafter freuen sich, weil sie in der „Tagesschau“ erwähnt werden. Und alle sagen sich: Wir sind wichtig!

Zwei Zitate aus Ulrike Kaisers Newsletter der „Initiative Qualität“:

„Eine Berichterstattung, die es für Objektivität hält, den Politikern möglichst ausgewogen das Mikrofon hinzuhalten, und für Wahrheit, möglichst schnell und unverfälscht zu verbreiten, was sie sagen, ist kein Journalismus, sondern nur die Exekution einer politischen Agenda.“ (Harald Staun in der FAZ über politischen Journalismus)

„Wir müssen eben nicht jeden Mist abbilden, nur weil er aus dem Mund eines Bundestagsabgeordneten oder eines Parteivorsitzenden kommt.“ (Monitor-Chef Georg Restle im „journalist“)

1 Kommentar

  • Erwin Diers 24. September 2018 um 21:44 Uhr

    …schon vergessen ??
    Es ist schon sehr interessant, wie die jeweiligen Regierungen auf die Medien Einfluß nehmen
    wollten bzw. wollen:
    Schon Bundeskanzler Konrad Adenauer wollte im Februar/März 1961 die Gründung eines „zweiten Fernsehprogramms“ verhindern, scheiterte jedoch an den „scharfen Worten“ des Bundesverfassungsgerichts.
    Sorry, aber wer von Ihnen glaubt denn wirklich noch heute – bei genauerem Hinsehen/Hinhören – an die „Unabhägigkeit bzw.Objektivität“ des öffentlichen Rundfunks ?
    Man(n) muss politisch nicht gebildet sein, um – vor allem aus den „Kommentaren“ – die freche
    Einseitigkeit vieler Sender herauszuhören. Aber: bei den nächsten Wahlen werden die Bürger
    diese versuchte Manipulation entsprechend „quittieren“…meint: Erwin Diers, Greven
    entsprechend quittieren

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