Darf Porträtfoto aus SchülerVZ in Zeitung gedruckt werden?
Darf eine Zeitung das Foto einer Dreizehnjährigen drucken, die in den Alpen von einem Eisblock erschlagen worden war? Die Eltern hatten keine Zustimmung gebeben für die Veröffentlichung eines Porträt-Fotos aus dem Internet (Schüler-VZ).
Anton Sahlender, Leser-Anwalt der Main-Post (Würzburg), schreibt dazu in seinem Blatt (3. September 2012):
Zuletzt habe ich hier eine journalistische Pietätlosigkeit geschildert. Das Bild einer verunglückten jungen Frau war wider den Willen ihrer Eltern veröffentlicht worden. Denen konnten Richter trotzdem keine Entschädigung zusprechen. Die Rechtslage ließ es nicht zu.
Hier gewinnt die freiwillige Selbstkontrolle der Medien für die Genugtuung Hinterbliebener an Bedeutung. Das zeigt ein Fall, in dem der Deutsche Presserat eine Rüge aussprach.
Zwei Boulevardblätter berichten über den tödlichen Unfall eines Mädchens, das mit seinem Vater Urlaub in den Alpen gemacht hatte. Die Dreizehnjährige starb, als sich ein Eisblock löste und sie unter sich begrub. Beide Zeitungen drucken ein Foto der Verunglückten, nennen ihr Alter und ihren Wohnort, außerdem den Vornamen des Vaters, dessen Alter und seinen Beruf.
Der Vater des toten Mädchens sieht dadurch Persönlichkeitsrechte verletzt. Die Familie sei in ihrer näheren Umgebung identifizierbar. Das Foto sei ohne Einwilligung der Familie verwendet worden. Die Zeitungen hätten es aus dem Internet illegal entnommen.
Die Rechtsabteilung des Verlags, in dem beide Zeitungen erscheinen, betont das Informationsinteresse der Öffentlichkeit, auch weil die Zeitungen die Frage aufgeworfen haben: War es möglicherweise Leichtsinn, der zu dem tragischen Geschehen geführt hat? So seien auch die Foto-Veröffentlichungen nicht zu beanstanden, ebenso wenig die Bildbeschaffung aus dem Internetportal „SchülerVZ“.
Die später Verunglückte habe das Bild selbst eingestellt und es somit für die Öffentlichkeit freigegeben. In seinem Profil habe das Mädchen auch etliche private Details über sich preisgegeben. Der Zugang zum Foto sei freigegeben gewesen. Von illegaler Entnahme könne keine Rede sein.
Der Presserat entschied: Die Zeitungen haben gegen Persönlichkeitsrechte verstoßen, weil sie das Foto des verunglückten Mädchens abdruckten. Dafür gebe es kein öffentliches Interesse. Auch die Familie durfte nicht öffentlich gemacht werden.
Der Familienausflug rechtfertige es nicht, über den Vater der Getöteten detailliert zu berichten. Über die Entnahme des Fotos aus einem sozialen Netzwerk hat der Presserat nicht entschieden. Aber für die Veröffentlichung des Bildes sprach er eine nicht öffentliche Rüge aus, nicht öffentlich deshalb, weil die Familie nicht ein weiteres Mal dadurch belastet werden sollte. Das heißt, die Medien mussten die Rüge nicht abdrucken, was bei einer öffentlichen Rüge notwendig gewesen wäre (0273/10/2-BA und 0275/10/2-BA).
(zu: Handbuch-Kapitel 50 Presserecht)
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