Die weibliche Form des „Arschlochs“ (Friedhof der Wörter)
Wie gehen wir mit den Frauen um? Sprachlich, wohlgemerkt.
Eine Leserin aus dem thüringischen Schloßvippach findet es übertrieben, wenn von „Leserinnen und Lesern“ geschrieben wird, von „Bürgerinnen und Bürgern“, „von Patientinnen und Patienten“. Und sie vermutet: „Damit soll wohl das weibliche Geschlecht nicht diskriminiert werden!?“
Nicht jede und jeder bekennt sich als Feministin oder Anhänger der Feministen, der in einer Anrede beide Geschlechter begrüßt – Frauen und Männer. Dies ist eine Frage der mitteleuropäischen Höflichkeit.
Wer unentwegt beide Formen nutzt, gar das große „I“ wie bei „LeserInnen“ schreibt, der gibt unsere Sprache der Lächerlichkeit preis. So berichtete der „Spiegel“ vor 25 Jahren über einen Prozess in München mit dem einleitenden Satz: „Auch Feministinnen neigen zu „hinterfotzigen Kampfmethoden“.
Angeklagt war die 56-jährige Hannelore Mabry, Chefin der Zeitschrift „Der Feminist“. Sie hatte, so die Anklage, auf einer Gewerkschafts-Tagung „DGB-Huren“ einfach „Arschlöcher“ genannt.
Der Amtsrichter, der mit Nachnamen auch noch Anke hieß, fragte die Angeklagte: „Finden Sie es richtig, andere Frauen als Arschlöcher zu bezeichnen?“
Die Kämpferin für die Rechte der Frauen entgegnete: „Erstens mache ich keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern; zweitens muss in manchen Fällen etwas im Interesse der Öffentlichkeit deutlich gesagt werden; und drittens habe ich nicht Arschlöcher, sondern Arschlöcherinnen gesagt.“
Recht hat sie, zumindest in den beiden ersten Punkten: Die Sprache macht keinen Unterschied zwischen Frauen und Männern (und kennt beispielsweise nur den Sündenbock und keine Sündenziege); und deutlich muss unsere Sprache sein und immer und überall verständlich.
Vielleicht hat deshalb Richter Anke das Verfahren gegen die Kämpferin eingestellt – wegen Geringfügigkeit. Aber dies hat unsere Sprache nun nicht verdient.
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