Die „Zeit“ versucht sich am Lokalen und lernt Demut vor dem Leser
Was passiert, wenn eine Zeit-Redakteurin plötzlich eine Lokalausgabe macht? Sie ist verwirrt, verwundert und stellt fest:
Man merkt erst einmal, wie stark man wirklich gelesen wird. Einmal haben wir zum Beispiel über den überhitzten Immobilienmarkt geschrieben. Und auf einmal hing der Artikel in Eimsbüttel an den Laternenmasten. Selbst beim geschliffensten politischen Kommentar zur internationalen Großwetterlage passiert das nicht.
So staunt Zeit-Hamburg-Chefin Charlotte Parnack in einem Interview mit Alexander Becker bei meedia.de (vom 19. November 2014). Der Zeit-Redakteurin fällt auf, was Lokalredakteure längst wissen: „Im Lokalen ist vieles extremer. Die Reaktionen im Positiven, aber auch im Negativen sind stärker. Bei den Lesern geht es immer gleich um alles. Das lehrt einen als Journalisten Demut. Es gibt keine Kleinigkeiten mehr. Das verändert alles.“
So ganz ist der typische Hochmut einer Zeit-Redakteurin aber noch nicht verflogen: „Wir glauben: Der Leser will erst einmal über den Krieg in Syrien lesen, nicht über die Busbeschleunigung vor seiner Haustür.“
Der Blick von außen auf das Lokale lässt auch Defizite erkennen. Beckers Frage „Fehlt grundsätzlich der Spieltrieb im Lokaljournalismus?“ bejaht Parnack zu Recht: Leser wollen Neues, das so sein soll wie das Alte. Die typische Zeit-Lokalgeschichte muss, so Parnack, eine Lagerfeuergeschichte sein, über das Kleine im Großen. „Also eine Geschichte, über die ich abends am Abendbrottisch immer noch sprechen will.“
PS. Die Konkurrenz vom Hamburger Abendblatt hat schon zweimal den Deutschen Lokaljournalistenpreis gewonnen und ähnlich wichtige Preise. So schlecht steht es um Hamburgs Lokales also nicht.
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Mail vom Journalisten und Juristen Daniel Grosse
Wenn lokale Geschichten bei Spiegel, stern und Co. explodieren
Es sind lokale Geschichten, die dann irgendwann explodieren. Überregional in einem der Medien wie Spiegel, stern oder Süddeutsche Zeitung. Dort sind die Explosionen zu hören. Mit den Augen. Es sind diese Geschichten hinter den Geschichten aus der Provinz, dem Lokalen. Einst immer wieder aufgegriffen von Reportern vor Ort, begleiten diese Geschichten ihre Leser. Und dann, wenn die Nachrichtenkriterien endlich übererfüllt sind, ziehen die Überregionalen nach. Genauso könnte es auch der Geschichte um den seit rund 20 Jahre währenden Verfall des Ortsmittelpunktes Marbach ergehen. Misswirtschaft, Familienschicksale und dann der Brand haben dort aus einer einst denkmalgeschützten Fachwerk-Villa mit imposantem Gelände einen öden Ort gemacht.
Ein verkohltes Dachstuhl-Gerippe überragt die vom stundenlangen Feuer geschundene Fassade, zerborstene Fensterscheiben erinnern an ein nächtliches Inferno, verkohlte Vorhangreste flattern hinter rußgeschwärzten Fensterrahmen. Beirut, Libanon, sind Worte, die Passanten sagen, wenn sie heute an der Bauruine in der Brunnenstraße vorbeigehen. Tatsächlich wie im Krieg. So sieht es dort aus. In dem ansonsten sehr ansehnlichen, gemütlichen Ortsteil Marbach am Rande der Uni-Stadt Marburg.
Gebrannt hat es am 15. August 2014. In der Nacht. Behörden, Feuerwehr, Polizeiermittler, Gerichte, Zwangsverwalter, Sachverständige und die Staatsanwaltschaft suchen seitdem nach Schuldigen, nach Hintergründen, sortieren Interessenlagen, sichern den Brandort und die Umgebung, planen weitere Schritte. Pikantes Detail: Gebrannt hat es in den vergangenen Jahren bereits in verschiedenen anderen Gebäuden des Eigentümers. Marbacher Bürger rätseln, verdächtigen und spekulieren. Suchen Zusammenhänge. Oberhessische PresseGr und Lokalreporter berichten. Weiträumige installierte Absperrgitter schützen Kinder, Blinde und andere Passanten vor maroden Gebäudeteilen, die herabstürzen könnten.
Eine Geschichte, die ganz sicher noch überregional in den Medien explodieren wird. Vielleicht spätestens dann, wenn zum Beispiel auf dem historischen Grund in bester Lage eventuell eine neue Immobilie wächst.
Quelle: Blog von Daniel Grosse
http://irondan.de/?p=119
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„Typischer Hochmut einer ZEIT-Redakteurin“ ..?!
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