Gehört der Doktor-Titel zum Namen? Nein
Schreiben wir in der Zeitung prinzipiell „Dr. Müller“ – weil der Dr.-Titel zum Namen gehört?
Nein. Die Thüringer Allgemeine erklärte es ihren Lesern im Blatt:
Warum ein „Dr.“ seinen Titel verliert – Nachrichtenagenturen geben die Regeln vor
Ein Arzt aus Nordthüringen bittet um Antwort:
„Ich frage mich, wieso die Redaktion meinen Doktortitel unterschlagen hat. Laut der Pressewartin unseres Vereins war mein Titel in dem Artikel an Sie noch vorhanden. Ich hätte hierzu gerne eine Erklärung. Vor allem in Zeiten, da Promotionen immer wieder hinterfragt werden, kann ich mir nicht verkneifen, hier eine Böswilligkeit zu vermuten.“Chefredakteur Paul-Josef Raue antwortet:
Akademische Titel wie Prof. oder Dr. werden nicht erwähnt. In Meldungen über wissenschaftliche Themen kann der Professorentitel genannt werden.“So lautet eine Regel im Stilbuch der Nachrichtenagentur dapd. Ähnlich formuliert es die Deutsche-Presse-Agentur (dpa) in ihrem Handbuch: „Akademische Titel sind zwar Bestandteil des Namens, doch verzichten wir auf die Nennung, sofern der Titel nicht für das Verständnis wichtig ist.“
Regeln im Journalismus werden von den großen Nachrichten-Agenturen aufgestellt, die jeden Tag Hunderte von Nachrichten verbreiten für Zeitungen, Radios und Fernsehsender. Redaktionen, wie auch unsere, halten sich an diese Regeln − in der Regel.
Die amerikanische Nachrichtenagentur AP weist in ihrem Regelbuch darauf hin, dass die meisten Leser den Dr.-Titel auf einen Arzt beziehen − und somit die Nennung eines Titels nur Sinn macht, wenn das Fachgebiet des „Dr.“ genannt wird. Interessant für den Leser ist in der Tat nicht der Titel, sondern allenfalls das Fach, in dem jemand promoviert wurde.
Warum soll bei einem Bundesliga- Schiedsrichter der Titel genannt werden, wenn sich der „Dr.“ auf eine Promotion in Zahnmedizin bezieht? Oder bei einem Politiker im Verkehrsausschuss, der in Chemie promoviert wurde?
Da zudem viele Promovierte ihren Dr.-Titel nicht erwähnen oder er der Redaktion nicht bekannt ist, dürften die Nachrichtenagenturen die Regel aufgestellt haben: Wir verzichten auf den Titel − es sei denn er ist für das Verständnis des Textes notwendig.
Einige Leser protestierten dagegen (auch weil Redakteure bisweilen gegen die Haus-Regel verstoßen) und betonten: Der Dr. gehört doch unbedingt zum Namen.
Die FAZ schreibt in „Beruf und Chance“ nicht nur, das der „Herr Dr.“ bald ausgedient habe und die Promotion nicht unbedingt der Karriere nütze, sondern stellt auch fest: Der Doktortitel gehört nicht zum Namen!
Sowohl der Bundesgerichtshof 1962 wie das Bundesverwaltungsgericht 1957 haben entschieden: Ein akademischer Titel, aber kein Namensbestandsteil. In dem Punkt irrt also dpa. Allerdings kann der „Dr.“ seit 1988 in Reisepass und Personalausweis eingetragen werden.
Quelle: FAZ 13. April 2013, Zeit 1/2009 oder SZ 14.7.2011
2 Kommentare
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[…] Doktor” ist nun wirklich doppeltgemoppelt. Ich hänge noch der alten Schule an, dass Doktor-Titel in der Zeitung nichts zu suchen haben, schon weil sie leicht überhand nehmen, vor allem in bestimmten Zusammenhängen. Will ich den […]
Ich finde die Diskussion etwas verwirrend und mit einem Neidfaktor belastet. Ich melde mich weder am Telefon noch sonstwo mit meinem Titel. Ich lege auch keinen Wert darauf, mit Herr „Doktor“ angeredet zu werden. Und wenn ich mich bei jemandem vorstelle, dann auch ohne „Doktor“.Warum soll ich ihn aber andererseits verstecken? Ich habe ihn hart erarbeitet und nicht bei ALDI oder LIDL gekauft.
Wenn ich einen Leserbrief zu einem bestimmten Thema schreibe, denke ich, dass mein Titel für eine bestimmte Fachkompetenz steht, die für die Beurteilung des Gesagten/Geschriebenen wichtig sein kann. Dennoch lehnen es Zeitungen ab, den Titel beim Namen anzuführen. Die gleichen Zeitungen werben dann allerdings bei Anfragen von Lesern, die von mir beantwortet werden, mit meinem Titel. Ist das logisch?