Geschwätzige Verdoppelung (Friedhof der Wörter)
Im Februar begraben wir die wirklichen Unwörter, also unbrauchbare, missglückte, abgenutzte und aufgeblähte, die wir dennoch immer wieder hören und lesen.
Missglücktes Attentat
„Missglücktes Attentat am Times Square: Autobomber handelte offenbar allein“ lautete die Schlagzeile einer Zeitung im Mai 2010. Für wen wäre es ein Glück gewesen, wenn das Attentat gelungen wäre? Nicht für über 99 Prozent der Zeitungsleser.
Ein Attentat kann misslingen, scheitern, verhindert werden; „missglücken“ kann nur etwas, bei dem das Glücken vom normalen Leser als Glück empfunden worden wäre.
Attentatsversuch
„Landeskriminalamt weiß doch von Attentatsversuch“, war im November in den Radionachrichten zu hören über einen Sprengsatz in Stadtroda, der 1997 misslungen war.
Das „Attentat“, seit 500 Jahren auch ein deutsches Wort, bedeutet: Der Versuch. „Adtemptatio“, lateinisch, war der Versuch, das Recht zu brechen. Seit dem 19. Jahrhundert haben wir im Deutschen die Bedeutung eingeschränkt: Das Attentat ist der Versuch, einen politischen Gegner zu töten.
Attentatsversuch ist also eine geschwätzige Verdoppelung von „Attentat“. Ein Mordanschlag kann scheitern; ein Attentat bleibt er doch.
_____ (Thüringer Allgemeine, 6. Februar 2012, Kolumne „Friedhof der Wörter“)
(zu: Handbuch Kapitel 16 „Lexikon unbrauchbarer Wörter“)
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