Investigativer Kampf: „‚Kann, soll, angeblich‘ kamen niemals in den großen Spiegel Storys vor“
Die beste Kontrolle der Medien sind die Medien selbst – erst recht wenn sie konkurrieren, neidisch sind und eifersüchtig auf den Erfolg der anderen. Ein Lehrstück ist zur Zeit die Spiegel-Enthüllung über die Korruption bei der Vergabe der Fußball-Weltmeisterschaft nach Deutschland: Reichen die Vermutungen? Gibt es Beweise oder nur Indizien? Stimmt wenig oder nichts?
Zwei Fronten haben sich formiert – und einer schaut zu: Der Spiegel auf der einen Seite, Bild auf der anderen Seite, die Süddeutsche abwartend und skeptisch. Hans Leyendecker (SZ), Deutschlands bester Investigativer, bleibt in einem Interview mit MDR Figaro in der Deckung, ihm sind die Vorwürfe des Spiegel nicht wasserdicht – und ein schwacher Moderator stellt ihm nur windelweiche und von wenig Kenntnis getrübte Fragen. Es scheint, als erwarte der Ex-Spiegel-Reporter Leyendecker einen Gesichts- oder gar Glaubwürdigkeits-Verlust seines alten Arbeitgebers, den er nicht fröhlich verlassen hatte.
Bild lässt Niersbach, den DFB-Chef, zurückschlagen – wie der Spiegel als Titelgeschichte, eine Woche danach. Franz-Josef Wagner macht sich in seiner Brief-Kolumne über die Profis vom Spiegel her:
Lieber Spiegel, Du hast Deinen Wortschatz erweitert. Lauter neue Spiegel-Wörter in der WM-Story:
Soll… angeblich… offenbar… mutmaßlich… anschaulich… möglicherweise.
Für mich sprach der Spiegel bisher immer eine direkte Sprache. Wörter wie „kann, soll, angeblich“ kamen niemals in den großen Storys vor. Sätze, die so anfangen, sind wie auf Sand geschrieben.
In der Tat liest sich der Spiegel-Aufmacher, als habe die Rechtsabteilung eifrig mitredigiert.
Aus der Konkurrenz der Medien ist ein Kampf der Medien geworden und ein Kampf um die Wahrheit. Investigativ gilt auch für die gegenseitige Kontrolle der Medien: Wer am besten recherchiert, ist vorn. Wer will da noch von Lügenpresse reden?
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