Journalistenschul-Direktorin beklagt: Selbstausbeutung, lesefaule Volontäre und kurzsichtige Verleger

Geschrieben am 8. Januar 2014 von Paul-Josef Raue.

Sylvia Egli von Matt führte 15 Jahre die führende Schweizer Journalistenschule, das MAZ (Medienausbildungszentrum). Sie beklagt, dass sich kaum Migranten bewerben würden: „Wir würden wahrscheinlich ein Auge zudrücken bei der Sprachprüfung, wenn wir solche Leute gewinnen könnten, aber sie kommen nicht.“ Auch die deutschsprachigen Bewerber, die zur Hälfte mit einem Hochschul-Abschluss kommen, beherrschten unsere Sprache nicht mehr gut;  so führte die Schule als neues Fach „Grammatik“ ein. Zu lesen ist das Interview von Rainer Stadler in der NZZ, der Neuen Zürcher Zeitung.

Zeitungen und andere Medien schicken ihre Volontäre zur berufsbegleitenden Ausbildung an die Schule in Luzern. „Zu uns kommen müde Studenten“, sagt die Leiterin. Sie habe den Eindruck, dass die Volontäre ausgebeutet würden: „Meines Erachtens ist es teilweise unverantwortlich, wie die Leute produzieren müssen.“ Diese Selbstausbeutung sei jedoch kein nachhaltiges Programm.

Was fällt Sylvia Egli von Matt bei der kommenden Journalisten-Generation auf?

  1. Sie sind politischer geworden, neigen aber nicht mehrheitlich einer Partei oder Richtung zu, etwa links-grün-alternativ. „Sie wollen nicht mehr die Welt verändern wie vielleicht die vorangehende Generation.“
  2. Bevorzugte Themen sind Arbeitsmarkt, Generationenfrage und Umwelt.
  3. Sie haben oft keine Tageszeitung abonniert, lesen eher nur die Gratiszeitung „20 Minuten“, haben so Schwierigkeiten, Zusammenhänge zu erkennen – aber wollen bei einer Zeitung arbeiten.
  4. Geld zählt weniger als eine erfüllte Arbeit. „Sie wollen Außergewöhnliches leisten.“
  5. Etliche verweigern sich den Neuen Medien „aus Überdruß oder Angst vor mangelndem Datenschutz“.

Kritik übt Sylvia Egli von Matt an den Verlegern: Sie investieren zu wenig in die Zukunft ihrer Mitarbeiter – ausgenommen sind Führungskräfte, die in Finanzfragen trainiert werden sollen. So stehen Führungskurse in der Gunst vorne; sonst interessieren sich Journalisten in der Weiterbildung vor allem für das Thema Recherche, auch mit Blick auf die sozialen Netzwerke.

Ähnlich wie der Springer-Verlag in Deutschland sucht die MAZ die Zusammenarbeit mit der Informatik. Die Medien-Branche sei noch zu passiv und lasse sich von Informatik-Abteilung treiben. Der Symbiose von Journalismus und Geschäft ist Thema eines eigenen Weiterbildungs-Kurses für Führungskräfte in Medienunternehmen. Allerdings – „in Deutschland ist es schwieriger, genügend gute Leute zu finden“.

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