Sprachkritik im Stadion: Ich verwarne Ihnen (Friedhof der Wörter)
Jungen Männern in kurzen Hosen, die einen Ball treten und Millionen verdienen, wird oft geringe Intelligenz nachgesagt. Der Mehrheit von Ihnen zu bescheinigen, sie beherrschten die deutsche Sprache, wäre ein gewagtes Unternehmen.
Wer sich Interviews nach Bundesliga-Spielen anschaut, den überfällt nicht selten ein Frösteln ob der Sprachgewalt. Hören wir mehr als ein Dutzend Floskeln und Wörter? Das ist jedenfalls eine nur schwer zu widerlegende Behauptung.
Dabei sind die ausgeruhten Journalisten mit ihren Fragen ebenso wortkarg wie die verschwitzten Jünglinge, die immerhin 94 Minuten lang rauf und runter gelaufen sind (oder auch nicht). Nur selten blitzt bei Journalisten Originalität durch wie einst bei TV-Kommentator Heribert Fassbender:
„Es steht 1:1, aber genauso gut könnte es umgekehrt stehen.“
Es gibt auch Sprachwitz im Stadion. Allerdings muss man schon in die Frühzeit der Bundesliga tauchen. Da stürmte der Essener Spieler Lippens über den Rasen, den die Fans wegen seines watschelnden Laufstils „Ente“ nannten.
Auf die Frage, wie er Berti Vogts ausspielen konnte, sagte „Ente“: Dem habe ich Knoten in die Füße gedribbelt. Auf dem Platz machte er sich über den hart spielenden Verteidiger Vogts lustig und rief: „Hasso, fass!“
In die Geschichte der Fußball-Sprache ging „Ente“ Lippens ein, als ihm der Schiedsrichter zurief „Ich verwarne Ihnen“ – und er antwortete: „Ich danke Sie“. Der Schiedsrichter war sprachlos und stellte ihn vom Platz – übrigens nicht mit der stummen Roten Karte, sondern mit dem ausgestreckten Arm und dem Ausruf „Raus!“ So war es einst.
Thüringer Allgemeine 19. August 2013 (Kolumne Friedhof der Wörter)
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