Wie Christian Nienhaus einen guten Chefredakteur definiert: Klar, direkt, oft ruppig – aber immer nah bei den Menschen
Wie muss ein guter Chefredakteur sein? Christian Nienhaus, Geschäftsführer der Funke-Mediengruppe, definiert ihn so:
Ein guter Chefredakteur
> hat einen Hang zur Kompromisslosigkeit, gerade auch bei der Wahrheitssuche, und zur Unnachgiebigkeit;
> ist ein führendes Mitglied des „Clubs der offenen Aussprache“: Klar, direkt, sicherlich oft auch ruppig. Aber zielgerichtet und letztlich auch fair;
> hat kein Interesse an Hierarchien: Viel wichtiger ist für ihn das „Machen“, das Gestalten und Bewegen;
> ist ein politischer Journalist: Nicht nur Realität abbilden, sondern auch Realität mitgestalten! Nicht nur berichten über Regierungen und Parteien, über Wirtschaft und Gesellschaft – nein, Entscheidungen und Entwicklungen mitprägen, mitgestalten;
> macht Meinung und mischt sich in den „Meinungskampf“ ein;
> weiß sehr genau um seine Meinungsmacht als Publizist;
> kümmert sich nicht um die Parteien-Zugehörigkeit: Entscheidend ist ausschließlich die Frage, ob der Politiker im Sinne der Kommune oder des Landes gute Politik macht;
> bringt Aktionen auf den Weg ;
> macht seine Zeitung zum selbstbewusstesten, ja wichtigsten Sprachrohr der freiheitlich-demokratischen Grundordnung;
> ist nah bei den Menschen, den wirklichen, nicht den postulierten: Das ist ein wichtiger Faktor für erfolgreichen Lokal- und Regionaljournalismus;
> ist ein Lokalpatriot, er identifiziert sich mit seiner Region;
> entwickelt seine Zeitung weiter;
> gibt dem Regionaljournalismus eine Zukunft, wenn er sich einmischt im Sinne des regionalen Gemeinwohls.
Diese Tugenden eines Chefredakteurs zählte Christian Nienhaus auf in seiner Festrede auf Hans Hoffmeister, den scheidenden Chefredakteur der Thüringischen Landeszeitung, den er als Vorbild pries.
Nienhaus vergass aber nicht zwei Zusätze; der erste:
„Das sind Eigenschaften, die vielleicht das tägliche Miteinander nicht unbedingt einfach und bequem machen. Es sind aber Eigenschaften, die einen guten Journalisten auszeichnen.“
Der zweite: „Es muss nicht immer alles so kantig und eckig sein, vielleicht auch nicht immer so polarisierend.“
Doch gehöre es zum verlegerischen Verständnis der Mediengruppe: „Der Chefredakteur ist frei in der Gestaltung der Inhalte und kann sich unabhängig von Interessengruppen um journalistische Qualität kümmern.
Am Ende ist nur entscheidend, ob es den Lesern gefalle. „Denn auch hier gilt das Credo erfolgreicher Verleger: Wenn man predigen will, muss man dafür sorgen, dass die Kirche voll ist.“
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