Wie doof ist Alpha-Kevin? Ein Jugendwort ist politisch nicht korrekt (Friedhof der Wörter)
Verstehen Sie die Sprache der Jugend? Wenn Sie schon im reifen Alter sind und den Kopf schütteln: Seien Sie froh!
Hinter den meist unverständlichen Wörtern verbirgt sich bisweilen so viel Beleidigung und Häme, dass es in den Balken der Moral ächzt, stöhnt und kracht. „Alpha-Kevin“ ist solch eine Schöpfung: Wer so genannt wird, gilt als doof oder gleich als Dümmster der Welt.
Die Wendung ist so beliebt, dass sie glatt die Wahl zum „Jugendwort des Jahres“ gewonnen hätte. Fast jeder Zweite stimmte im Internet für den Alpha-Kevin ab. Doch neben der Zustimmung bekam der Langenscheidt-Verlag, der die Wahl organisiert, reichlich Online-Prügel – und nahm das Wort von der Liste mit der Begründung:
„Wir haben viel von euch gehört und spüren die persönliche Betroffenheit über die Auswahl von ,Alpha-Kevin‘. Es lag uns fern, konkrete Personen zu diskriminieren.“
Haben sich die Kevins beschwert? Jene Jünglinge, denen ihre Eltern den Namen verpassten, nachdem sie „Kevin allein zu Haus“ im Kino gesehen hatten?
Also muss die Kanzlerin ausbaden, dass Kevin beleidigt ist – was, noch einmal bemerkt, Sinn des Wortes ist. Ohne Alpha-Kevin steht „merkeln“ – mit weitem Abstand – an der Spitze.
Da sage noch einer, unsere Jugend sei unpolitisch. Merkeln steht für: Probleme aussitzen und ausschweigen. Die Kanzlerin, seit zehn Jahren im Amt, hat lange gebraucht, um wie Obama, Wulff und der Freiherr von Guttenberg ein eigenes Verb zu bekommen: “Obamern“ stand für intensives Abhören, „wulffen“ für das Spiel mit der Wahrheit oder das Vollquatschen der Mailbox und „guttenbergen“ für abschreiben, anspielend auf seine Doktorarbeit, an der er zu viele Mitschreiber beteiligt hatte.
Jugend ist nicht politisch korrekt, Jugend spielt mit den Autoritäten, mit Sprache und mit sich selber. Ein aussichtsreicher Kandidat für das Jugendwort des Jahres ist auch „Smombie“ – eine Zusammensetzung aus Smartphone und Zombie.
Wenn Sie also einen Menschen auf der Straße sehen, den Blick auf sein Smartphone gesenkt – dann rufen Sie einfach: Hi, Smombie.
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Thüringer Allgemeine, Friedhof der Wörter, 27. Juli 2017 (geplant)
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