Wie umgehen mit der Forderung eines Gesprächspartners: Den Artikel muss ich vorher komplett lesen?
Misstrauen begleitet die meisten Recherchen, Misstrauen von Leuten, die wir fragen – aber die nie wissen, was der Reporter aus dem Gespräch mitnimmt und in der Zeitung oder Zeitschrift druckt. Brand Eins gibt ein Heft über „Vertrauen“ heraus. Chefredakteurin Gabriele Fischer schreibt im Newsletter über eine besonders kribbelige Recherche von Andreas Molitor, der mit Vertrauensleuten sprach, jenen nicht zu beneidenden Menschen, die zwischen Gewerkschaft, Betriebsrat und Kollegen sitzen:
Er bekam das Misstrauen zu spüren, das in solch ungeklärten Situationen gedeiht. Am liebsten hätte der oberste Vertrauensmann vor einer Veröffentlichung den kompletten Text gelesen und auch gleich noch die Fotoauswahl bestimmt. Weil beides bei brand eins nicht möglich ist, wäre die Geschichte um ein Haar nicht erschienen.
Wie hat die Chefredakteurin den Beitrag gerettet? Sie knickte nicht ein, sondern machte klar, wie das Magazin mit Vertrauen umgeht:
Am Ende aber einigte man sich nach einer Sondersitzung des Vertrauensleute-Gremiums auf das bei brand eins einzig mögliche Verfahren: Wörtliche Zitate können auf Wunsch abgestimmt werden – mehr nicht („Zwischen den Stühlen“; Oktoberheft, Seite 80).
Diskutieren Sie mit uns den Artikel "Wie umgehen mit der Forderung eines Gesprächspartners: Den Artikel muss ich vorher komplett lesen?"
Ähnliche Artikel zum Thema
- Die Brandeins-Rüge und erste Folgen
- Die Brandeins-Affäre: Fatale Folgen für den Presserat?
- Die FAZ druckt einen Text, den die taz nicht drucken wollte
- Erklären statt Belehren: Der Lösungs-Journalismus (Der dritte Pfeiler der Qualität)
- Wie schreiben über das Leben in der DDR? Was ist Wahrheit? Was ist subjektiv?