WM, Fußball und die deutsche Sprache: Der Refuri pfiff viele Penaltys (Friedhof der Wörter)
Wenn Deutschland um die Weltmeisterschaft spielt, sind die Straßen leer gefegt – wenn nicht gerade Tausende gemeinsam unterm trüben oder schwülen Himmel jubeln. Kein „Tatort“ und kein „Wetten dass“, auch nicht zu besten Gottschalk-Zeiten, kommen da mit: Im TV-Film mit der höchsten Einschaltquote aller Zeiten fielen acht Tore in Brasilien – und wahrscheinlich wird die Quote vom Endspiel gegen Argentinien noch übertroffen.
Wie ist die Faszination des Fußballs zu erklären? Ich wage die These: Es ist ein Spiel, das nahezu ohne Anglizismen auskommt. Dabei ist das Spiel in England erfunden worden. Aber ein Lehrer im nahen Braunschweig erfand – vor gut hundert Jahren – die Fußballsprache.
Englische Worte verwandelte er in deutsche, das gab es wirklich einmal. Das „goal“ wurde zum Tor, das „offside“ zum Abseits, „half“ zur Halbzeit, der „free kick“ zum Freistoß, den „referee“ zum Schiedsrichter, der „coach“ zum Trainer und der „header“ zum Kopfball.
Heute verwandeln wir in die andere Richtung: Die „Champions League“ ist die Meister-Liga oder die Europa-Liga, aber wir reden der Uefa jeden englischen Unsinn nach, selbst wenn das deutsche Wort schöner und verständlicher klingt.
Ohne den Braunschweiger Lehrer Konrad Koch hieß der Elfmeter „Penalty“ – wie heute noch in der Schweiz. Allerdings sprechen die Schweizer den „Penalty“ so hübsch aus in ihrem Schwiizertüütsch, dass sie ihn nicht auf ihrem Friedhof der Wörter begraben sollten – ebenso wenig wie die Japaner, die den Schiedsrichter „refuri“ nennen.
Wenn der Refuri in Brasilien ein ums andere Mal nicht das sah, was Millionen Refuris in der Welt sahen, dann rufen wir weiter vor dem Bildschirm,: „Schiri, bist Du blind?“ Diesenalten Ruf, erfunden auf den Kreisklassen-Plätzen überall in Thüringen, sollten wir allerdings modernisieren: „Schiri ans Telefon: Dein Handy klingelt.“
**
Thüringer Allgemeine, Friedhof der Wörter, 14. Juli 2014
1 Kommentar
Diskutieren Sie mit uns den Artikel "WM, Fußball und die deutsche Sprache: Der Refuri pfiff viele Penaltys (Friedhof der Wörter)"
Ähnliche Artikel zum Thema
- Die Lufthansa verzichtet auf Anglizismen: Siegerflieger!
- Showmaster am Händie: Falsche Fremdwörter (Friedhof der Wörter)
- Sprachkritik im Stadion: Ich verwarne Ihnen (Friedhof der Wörter)
- Wie aus dem traumatischen „Tor für Deutschland“ ein Sprichwort wird (Friedhof der Wörter)
- Ein Lob für Goethes Schwalbe! Die Sprache der WM-Reporter wird friedlicher (Friedhof der Wörter)
[…] die Deutschmeisterei auf diesen Blog lobend verweist, vor allem auf den Friedhof “Der Refuri pfiff viele Penaltys” freut den […]