Zündeln Redakteure, wenn sie über Gewalt in Flüchtlings-Unterkünften berichten?
Erst verfügte laut Gewerkschafts-Angaben der Innenminister in Thüringen, die Polizei solle nicht mehr über Einsätze in Flüchtlings-Unterkünften berichten, nun enthüllen auch die Kieler Nachrichten solch ein Schweigen der Polizei in Schleswig-Holstein. FDP-Chef Kubicki postet in Facebook:
Sollte es zutreffen, dass die Redaktion der „Kieler Nachrichten“ tatsächlich von der Landespolizei aufgefordert wurde, nicht über Fälle in der Flüchtlingsthematik zu berichten, die von der Landespolizei selbst als ‚relevante Ereignisse‘ eingestuft wurden, dann wäre das ein Skandal. Ressortleiter Michael Kluth berichtet dies in seinem Kommentar von heute.
Die Begründung für solch ein Vorgehen, die Presse ‚zündele‘, rechtfertigt in keinem Fall die Geheimhaltung offensichtlicher Tatbestände. Sie ist sogar doppelt skandalös. Denn erstens ist die Meinungs- und Pressefreiheit in unserem Grundgesetz festgeschrieben. Sie bildet damit einen der Grundpfeiler unserer Republik. Zweitens dürfen wir nicht jeden, der Kritik übt, ja nur kritische Fragen stellt, in den Senkel stellen und mit dem Vorwurf der Zündelei belegen.
Wenn die Verantwortlichen den Eindruck vermitteln, es würden wesentliche öffentlichkeitsrelevante Fakten verschleiert und die Debatte unehrlich geführt, sorgt dies für einen massiven Vertrauensverlust der Menschen in unsere demokratische Ordnung. Es verhindert nicht nur eine sachliche Auseinandersetzung, sondern macht die Menschen erst empfänglich für antidemokratische Kräfte.
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